Falsche Tierliebe III

Jagdverbote und Transportverbote für Jagdtrophäen der Airlines werden die afrikanischen Wildtiere nicht schützen, sondern führen zu deren Ausrottung.

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Quelle: FDJ Hassobjekt Auslandsjagd

Wie ich schon in Falsch verstandene Tierliebe I (nach der Giraffentötung im dänischen Zoo) schrieb, dient die legale Jagd dem Arterhalt (im Gegensatz zur Wilderei).  Wie ich in Falsch verstandene Tierliebe II schrieb (nach dem Bashing auf Massentierhaltung), ist die Viehhaltung für uns evident für die Ernährung.

Wir tun der Natur keinen Gefallen, wenn wir jeden gewaltsamen Tod eines Tieres durch Menschenhand vermeiden wollen.

1. Hirten sind Hüter der Umwelt

Es gibt auf der Welt nur 1/3 der Agrarflächen, auf denen Ackerbau betrieben werden kann. Würden alle Menschen vegan leben, müssten in extremen Gebieten wie Wüste, Berge und Kältegebiete alle Menschen evakuiert werden, da die indigenen Völker sich nur durch Viehhaltung und Jagd dort ernähren können. Sogar in solch gemäßigten Zonen wie bei uns in Deutschland sind 30% der Agrarflächen nur als Weideflächen (d.h. Futterlieferant für Tiere) geeignet.

Hirtenvölker halten ihre Herden seit Jahrtausenden im Einklang mit der Natur und tragen sogar zum Erhalt der Ökosysteme bei, wie neue Publikationen zum Thema bestätigen: Hirten als Hüter der Umwelt

2. Kollateralschäden von Gemüseanbau höher als die von nachhaltiger Tierzucht

Wer glaubt, dass vegane oder vegetarische Ernährung keine Tiere tötet, ist auf dem Holzweg. Auf den Feldern sterben massenhaft Kleintiere und Nager durch Pestizide und Jungtiere bei der Mahd. Und auch Bioanbau geht es nicht ohne Tiere, da der „natürliche“ Dünger nur von Tieren produziert wird.

Deutschland importierte in den letzten Jahren nur ca. 10% seiner im Inland verbrauchten Futtermittel. Aber 80% des Obsts und über 60% des Gemüses, das wir hier verzehren (und wegschmeißen), kommt aus dem Ausland: Nicht das deutsche Rind, sondern Vegetarier, Veganer und Mischkostesser knabbern am Regenwald.
(Weitere Details gibt es in Falsche Tierliebe I und II)

3. Jagd – auch Trophäenjagd – dient der Arterhaltung

Der dänische Tierschützer Mikkel Legahrth hat Löwenschutz praktisch betrieben, mit Großkatzen im südlichen Afrika gearbeitet und dann das Modisa Wildlife-Projekt gegründet – ein Projekt, das neue Standards setzen will, wie wir fühlen, denken und handeln in Bezug auf Naturschutz. Auf TED hielt er einen Vortrag (auf Englisch):

Wie das Jagdverbot auf Löwen die Löwen getötet hat.

Wenn es um Tiere geht, dann wird das Verhalten der Menschen in der Regel mehr durch Emotionen als durch Fakten und Wissen bestimmt – aber dieses Verhalten kann genau das Gegenteil von dem bewirken, was eigentlich beabsichtigt war. Es gibt kein perfektes Bild in Schwarz-Weiß – Naturschutz ist normalerweise die Wahl zwischen zwei Übeln. Diese Wahl kann entweder einige der weltweit bekanntesten Tiere schützen – oder zu deren Aussterben führen.

How the ban on lion hunting killed the lions: Mikkel Legarth at TEDxCopenhagen: https://youtu.be/GiyQvm9d4tM

Die kurze Zusammenfassung des englischen Videos:
Mikkel sieht aktuell Großwildjagd als das kleinere Übel an. Auch wenn er selber die Jagd nicht mag, sieht er deren positiven Effekte:

  • Großwildjäger spülen Millionen Dollars nach Afrika.
  • Sie bereisen auch Länder und Regionen, die für Touristen uninteressant sind.
  • Die lokale Bevölkerung sieht durch die Vermarktung der Trophäen Löwen und Elefanten nicht nur als Schädlinge an, die Ernte und Menschen gefährden, sondern als Wirtschaftsfaktor, der Arbeit verspricht.
  • Ein gewisser Anteil der eingespülten Jagddollar wird in Projekte gesteckt, die Wilderei verfolgen und Artenschutz ermöglichen.

Südafrika hat die Trophäenjagd auf Breitmaulnashörner seit 1968 erlaubt. Die Daten der IUCN African Rhino Specialist Group zeigen, dass seitdem die Jagd erlaubt ist, dass die Anzahl dieser Nashörner von 1800 auf über 20.000 gestiegen ist. Es besteht kein Zweifel daran, dass die Trophäenjagd diesen Anstieg gefördert hat. Das liegt u.a. daran, dass die meisten Nashörner in privater Hand sind, um sie als Jagdabschuss verkaufen zu können. Gleichzeitig haben die Farmer aber das Risiko, dass die Tiere von Wilderern getötet werden. Zum Weiterlesen: Lion hunt quotas could be good for animals but bad for humans

4. Foto-Safaris sind nicht nachhaltiger als Jagd-Safaris

Beide Safaris spülen Gelder in arme, wildreiche Länder. Bei beiden kommt jedoch in den meisten Ländern wenig Geld bei den Dorfbewohnern an. Trotzdem landet ein größerer Teil der Jagd-Safari-Gelder bei den Naturschutzparks und beim Kampf gegen die Wilderei, weshalb auch Brent Stapelkamp, der simbabwische Forscher, der neun Jahre lang dem Löwen Cecil folgte, sich einem Jagdverbot widersetzt. (BBC: Cecil the Lion researcher opposes hunt ban)

Auch in Namibia gibt es Löwen mit Peilsendern, die erforscht werden. Und auch dort wurden schon solche Löwen erlegt. Es ist dort – wie auch in Simbabwe – nicht illegal, solche Löwen zu schießen, auch wenn die Tierschützer vor Ort bemüht sind, die genetisch wichtigen Tiere besonders zu schützen. Diese sind aber oft auch diejenigen, für die die meisten Dollars gezahlt werden.

Die Tierschützer machen klar, dass es ihnen nicht darum geht, den Tourismus zu stoppen oder die Jagd zu verdammen. Doch wenn in den wenigen noch unberührten Tälern und Schluchten während der Hochsaison bis zu 20 Touristenautos pro Tag die Tiere in ihrem angestammten Gebiet beobachten und für eine ununterbrochene Geräuschkulisse sorgen, dann wandern sie zwangsläufig in ruhigere Gefilde ab.

Namibische AZ: Zum Schutz der Wüsten-Wildtiere

Unser Partner „Für Jagd in Deutschland“ hat sich die Kosten-Nutzen-Analyse mal genauer angeschaut:

Hunting Safari vs Photographic Trip
Quelle: FJD Hassobjekt Auslandsjagd

Es braucht somit mindestens vier Foto-Touristen um an die Einnahmen eines Jägers heranzukommen; die höheren Abschussgebühren für seltene Tierarten sind hier noch nicht einmal berücksichtigt. Und es braucht mehr als sechs Foto-Touristen, um genauso viel Menschen vor Ort zu beschäftigen.

Das habe ich zu Namibia gefunden:

Die Trophäenjagd ist ein kleiner, aber bedeutender Teil (18%) des naturnahen Tourismus. (Humavindu & Barnes 2003). Der Jagdtourismus hat einen hohen Pro-Kopf-Wert, da der Anteil der Jäger an den Touristen klein, ihr Wert jedoch sehr hoch ist. Stubenrauch Planning Consultants (2004) haben festgestellt, dass Jagdfarmen das wichtigste Segment der Unterbringung in Bezug auf die Zahl der Unternehmen und die Beschäftigung im Beherbergungssektor darstellen.

The Economic Value of Namibia’s Protected Area System

5. Der Unterschied zwischen Wilderei und Jagd

Wilderei Trophäenjagd
Status illegales Töten vom Staat erlaubter Abschuss
Motiv Rache, Essen, Tradition, Geld Trophäe, Erlebnis, Abenteuer
Person arme Einwohner, kriminelle Banden reiche Ausländer
Jagdform unkontrolliert, unbewacht streng kontrolliert, streng bewacht
Auswirkung auf die Wildtiere So viele Tiere töten wie möglich, um Geld zu verdienen. Staat erlaubt nur Abschüsse, die die Population nicht gefährden
Auswirkung auf die Einwohner Wenige Tiere treiben den Preis hoch (besserer Verdienst der Banden). Wenige Großräuber bedeutet weniger Gefahr für die eigene Herde. Viele Tiere bedeuten viele Jäger, dadurch Jobs und Einkommen
Ökonomischer Einfluss für das Land Sämtliche Gewinne verbleiben beim Wilderer und Schmuggler. Unterkunft, Jagdbegleiter, Einnahmen aus der Abschusslizenz, Fleisch für die Einwohner, Arbeit für die Präparatoren
Export illegal durch Schmuggel legal nur mit internationaler Erlaubnis von CITES

6.  Problem: Korruption und Mensch-Tier-Konflikt

Die NZZ schrieb am 2. August 2015

Während Namibia seine Naturparks und Wildreviere vorbildlich verwaltet, gilt dies für Simbabwe nicht mehr. Dabei galt die Wildschutzbehörde des Landes lange als ein Vorbild bei der Lösung des Interessenkonflikts zwischen Bauern und Naturschutz. Afrikanische Kleinbauern betrachten Grosswild verständlicherweise häufig als Plage für die Felder und als Bedrohung für ihre Kinder. Die Tiere zu erlegen, gilt als ehrenhaft und nützlich. Um die Bauern auf die Seite der Naturschützer zu ziehen, richtete die Regierung in den neunziger Jahren Jagdreviere entlang der Nationalparks ein und beteiligte die betroffenen Siedlungen an den Lizenzeinnahmen. Viele Dörfer finanzierten mit den Einnahmen Schulen und Brunnen, manchmal verteilten sie das Geld unter den Haushalten.

Aber das reguläre System hielt den politischen Krisen in Simbabwe nicht stand. Es werden zu viele Lizenzen verkauft, und die Einnahmen verschwinden in den Taschen bestechlicher Beamter und Politiker. Laut Rodrigues ging der Wildbestand je nach Gegend um 40 bis 70 Prozent zurück. Skrupellose Geschäftsleute eigneten sich auch private Safari-Ranches an.

  • Natürlich wäre es schön, wenn nicht bestechliche Beamte und Politiker, sondern die Einwohner von den Safaris (auch den Fotosafaris) profitieren würden.
  • Natürlich wäre es schön, wenn es keine Wilderei gäbe.
  • Natürlich wäre es schön, wenn alle friedlich, ohne zu Töten, im Einklang leben würden.

Aber so funktioniert Natur und Mensch nicht. Es wird immer Gewinner und Verlierer geben. Oft sind die Eingriffe vom Menschen bedrohend für die Tiere (Wilderei, Minenbau, Ausplünderung der Ressourcen) und dann wieder überlebensrettend (Trophäenjagd, Nationalparks, nachhaltige Wirtschaft). Oft sind Überpopulationen von Tieren (Elefanten, Großraubtiere, Ratten) bedrohlich für die Menschen und dann wieder lebensrettend (Herdenhaltung, Fleischverwertung, Trophäenverkauf).

Mein Fazit

Ich wiederhole nochmals Mikkels Worte: Es gibt kein perfektes Schwarz-Weiß-Bild – Naturschutz ist normalerweise die Wahl zwischen zwei Übeln. Diese Wahl kann entweder einige der weltweit bekanntesten Tiere schützen – oder zu deren Aussterben führen.

Von daher ist die Entscheidung der Airlines, Trophäen nicht mehr zu verschiffen, kontraproduktiv. Sie werden dadurch die Tiere zum Aussterben führen.

Ich halte Dr. Walter Palmer für einen Sportjäger, der wenig Ethik an den Tag legt, wenn er seine Trophäen sammelt. Ich halte ihn, seinen Professional Hunter und auch den Farmbesitzer jedoch nicht für Wilderer. Und der Shitstorm, der auf ihn einprasselte steht in keinem Verhältnis zu seinen „Sünden“.

Warum läuft der Zorn im Internet nicht gegen Simbabwes Präsident Mugabe, der sich zum Geburtstag ein Elefantenbaby schlachten ließ, sein Land vergiftet, in dem er Konzessionen für chinesischen Bergbau verkauft und den oppositionellen Journalisten  Itai Dzamara mutmaßlich entführen ließ – sondern wegen eines Löwen, den in Simbabwe niemand kannte?

Wer English kann, der möge sich das Interview mit dem beteiligtem Jagdführer und  den Kommentar seines Kollegen durchlesen:

Ein Gutes hat dieser Aufruhr: man hat das Land, seine Sorgen (80% Arbeitslosigkeit) und die maßlose Gier und Unfähigkeit Mugabes zur Kenntnis genommen. Vielleicht führt das mittelfristig zu Hilfsangeboten aus der Ersten Welt, damit sich die Zustände dort ändern. Dafür könnten sich übrigens auch Safarijäger-Vereinigungen einsetzen anstatt den PH Theo Bronkhorst zu verdammen.

Die Pressemitteilung des CIC ist in meinen Augen erbärmlich, genauso erbärmlich wie die Häme einiger europäischen Jäger, die sich den Auslandsjäger gegenüber moralisch erhöht fühlen. Die merken gar nicht, dass Safarigegner alle „Lustmörder“ ablehnen und sogar negative Auswirkungen bis hin zur Ausrottung hinnehmen, damit die Jagd weltweit verboten wird.

8 Gedanken zu “Falsche Tierliebe III

  1. Hervorragender Beitrag. Leider sind solche neutral recherchierten Berichte kaum noch in der Presse zu lesen. Aber die müssen schließlich nach dem Mund Ihrer Käufer schreiben.
    Ich bin übrigens kein Löwenjäger, mir ist aber bewusst, dass diese Leute zum Erhalt der Art beitragen. Es ist auch sehr einfach wirtschaftlich zu begründen: Wenn Nachfrage nach einer Ware besteht, wird man kaum zulassen, dass diese Ware unverfügbar wird.

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  2. >>Schießen, um zu schützen

    Um eine seltene zentralasiatische Ziege und den von ihr abhängigen Schneeleoparden vor dem Aussterben zu bewahren, wenden sich Naturschützer an ungewöhnliche Verbündete: Trophäenjäger.

    In vielen Berichten wird die Trophäenjagd häufig als die schlimmste Form eines Rechts dargestellt, das der Mensch bedenkenlos für sich in Anspruch nimmt – als eine Möglichkeit für extrem privilegierte, weiße Männer (tatsächlich treffen typischerweise alle drei Kriterien zu), ihre Überlegenheit zu demonstrieren. Wayne Pacelle, Präsident und Geschäftsführer der Humane Society of the United States, bezeichnete die Gepflogenheit als „grausam, selbstverherrlichend, diebisch und schändlich“, und der US-amerikanische Fernsehmoderator Jimmy Kimmel nannte sie 2015 in einer im Fernsehen ausgestrahlten Rede sogar „Übelkeit erregend“.

    Als ich jedoch einige Monate nach Campbells Jagdaufenthalt dieselbe Gegend bereiste, fand ich heraus, dass wohlhabende Jäger wie er der Hauptgrund dafür sind, dass die Schraubenziege überhaupt noch existiert – auch wenn diese Wahrheit noch so unbequem sein mag. In bestimmten Fällen, wie inzwischen selbst einige Naturschutzorganisationen bestätigen, kann nämlich die Trophäenjagd ein unschätzbares Hilfsmittel darstellen, um gewisse Tierarten und die für ihren Fortbestand notwendigen Ökosysteme zu schützen.<<
    http://www.spektrum.de/news/schiessen-um-zu-schuetzen/1502991

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  3. Hunting Saves the Markhor

    Sport hunting by definition reduces an endangered species’ population. However, if wildlife managers charge hunters a substantial fee and use the revenue to support the remaining species’ population, sport hunting may be justified as a conservation tool. An example of the successful implementation of sport hunting as a conservation tool occurred in the remote mountains of Pakistan. A rare mountain goat, the markhor, was brought back from the brink of extinction and has re-inhabited much of its original range.

    https://sites.utexas.edu/wildlife/2014/11/25/hunting-saves-a-the-markhor/

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  4. Update aus 2024 im Focus

    >>Botswanas Präsident übt wegen des geplanten Verbots von Jagdtrophäen scharfe Kritik an der grünen Umweltministerin und will, dass Deutschland 20.000 Elefanten aufnimmt. Was sich kurios anhört, hat einen ernsten Hintergrund. Und wieder einmal zeigt sich das Markenzeichen der Grünen.

    Botswanas Präsident Mokgweetsi Masisis Argumentation: Dass Lemke die Trophäen-Einfuhr verbieten wolle, fördere Armut und Wilderei in seinem Land.

    Außerdem sei Jagd ein Mittel, den Bestand zu steuern. Das Land leide nach jahrzehntelangem Artenschutz unter einer „Überpopulation“ an Elefanten. Menschen würden von ihnen totgetrampelt, Dörfer verwüstet, Ernten zerstört.

    „Es ist sehr einfach, in Berlin zu sitzen und eine Meinung zu haben zu unseren Angelegenheiten in Botswana. Wir zahlen den Preis dafür, dass wir diese Tiere für die Welt erhalten“, so Präsident Masisi. Er möchte, „dass Frau Lemke sich die Zeit nimmt, die Fakten und die Wissenschaft anzunehmen“. Seinem Empfinden nach würden die Grünen auf Botswana „mit Verachtung“ schauen, seien „Fundamentalisten, die aus Ideologie handeln“.<<

    Wenig Wissen, viel Moral: Der Elefanten-Streit offenbart ein grünes Markenzeichen

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