Tödlicher Einbruchsversuch: Notwehr oder Selbstjustiz?

Der Besitzer einer Autowerkstatt sagte laut Staatsanwaltschaft aus, er habe nächtliche Geräusche gehört, drei Unbekannte auf seinem Gelände erblickt, von denen einer auch bewaffnet gewesen sei. Das Wohnhaus grenzt unmittelbar an die Werkstatt. Er hätte deshalb seine eigene Waffe geholt  und die Haustür geöffnet. Er glaubte, einer der drei Unbekannten hätte eine Waffe gehabt und der andere hätte „Schieß!“ gemurmelt. Daher habe er auf die „bedrohlich wirkenden Eindringlinge“ aus unmittelbarer Nähe einen Schuss abgeben. Die drei seien geflüchtet. Er informierte sofort die Polizei. Diese fand 200 Meter vom Haus/Werkstattkomplex den verwundeten Unbekannten und ließ ihn ins Krankenhaus bringen, wo er verstarb.

Mittlerweile wurden die beiden anderen Geflüchteten gefunden und sagen als Zeugen aus. Auch ein Video einer Überwachungskamera wird ausgewertet.

SPON berichtet:

Oberstaatsanwalt Klinge sagte, Notwehr sei „mehr als unwahrscheinlich“. Am Mittwochabend war Haftbefehl gegen den Schützen erlassen worden.

Der Inhaber einer Autowerkstatt beruft sich auf eine Notwehrsituation. „Die Videoaufnahmen werden beweisen, dass unser Mandant die Wahrheit gesagt hat“, sagte sein Verteidiger Fritz Willig.

Im deutschen Blätterwald und den Foren wirbelt dieser Vorfall heftig die Gemüter auf. Auch werden Parallelen zu Sittensen und Montana gezogen.

Sittensen: Der an Krücken gehende Rentner in Sittensen wurde in seinem Haus überfallen. Die Täter waren im Wohnzimmer und hielten ihm eine – wie sich später herausstellte – Waffenattrappe an den Kopf. Er musste ihnen seinen Safe öffnen. In diesem Safe lag seine legale Pistole, die er als Jäger rechtmäßig besaß. Die fünf Räuber flüchteten mit seinem Bargeld (2000 Euro). Er schoss ihnen hinterher und traf einen der Räuber tödlich im Rücken. Neben dem Räuber wurde später eine Softair gefunden. Staatsanwaltschaft und Verteidigung plädierten auf Freispruch wegen Notwehr. Nur der Richter sah das anders und verurteilte den Rentner auf Bewährung. Gegen das Urteil wurde von beiden Seiten Revision eingelegt.

Montana: Ein rechtmäßiger Waffenbesitzer wurde mehrfach beklaut. Er legte eine Falle: offene Garagentür, Handtasche der Frau als Lockmittel und eine Babyfon-Kamera als Überwachungsmittel. Als ein jugendlicher Austauschschüler aus Deutschland beim „Garage-Hopping“ (Suche nach Alkohol, der in Montana für Jugendliche verboten ist) diese Garage betrat, schoss er mehrmals in den dunklen Raum. Der Schüler wurde tödlich getroffen. Der Hausbesitzer wurde zu 70 Jahren Haft verurteilt.

Bevor Näheres zu Montana bekannt war, hatte ich die deutsche und US Gesetzgebung verglichen und für den dortigen Vorfall Notwehrprovokation vermutet, die durch das Urteil bestätigt wurde. In beiden Ländern gibt es sowohl die „Castle Doctrin“ als auch das „Stand your Ground-Law„. Bei uns heißen diese Notwehr und „Recht muss Unrecht nicht weichen„. Definitionen dazu befinden sich hier in meinem Blog: Castle Doctrine wird in Deutschland falsch interpretiert.

Hannover: Hier stellen sich mehrere Fragen:

1. Hat der Hausbesitzer den Angriff schuldhaft verursacht?
2. Hat es einen Angriff der drei Unbekannten gegeben (dazu zählt auch ein Angriff auf das Eigentum)?
3. Lag wirklich Notwehr vor?

In den USA ist  – im Gegensatz zu Deutschland – in einigen Staaten die Notwehr nicht mehr schwammig formuliert, sondern exakt ausgearbeitet:

“Eine Person ist berechtigt, Gewalt oder tödliche Gewalt anzuwenden, wenn diese Person glaubt, dass sie sich in Gefahr von Tod oder Körperverletzung befindet. Und eine vernünftige und vorsichtige Person soll dies in Sekunden entscheiden. ”Marbut fügte hinzu, dass er in seinen Selbstverteidigungskurse die Teilnehmer warnt, dass tödliche Gewalt Folgen hat, die weit über den Gerichtssaal hinausgehen.

Gary Marbut ist der Präsident der Montana Shooting Sports Association und war maßgeblich an der Auslegung der Castle Doctrin in seinem Staat beteiligt. Seitdem 2009 das Gesetz eingeführt wurde, muss nicht der Angeklagte seine Unschuld beweisen, sondern der Staat muss seine Schuld beweisen.

Update: Anwalt schildert Tathergang beim NDR

Nach dem tödlichen Schuss auf einen 18-jährigen mutmaßlichen Einbrecher in Hannover-Anderten spricht Fritz Willig, der Anwalt des 40-jährigen Schützen, von einer „sehr eindeutigen Notwehrsituation“. Sein Mandant habe in der Nacht auf Dienstag Angst um sein Leben gehabt und sich massiv bedroht gefühlt, so Willig. Seinen Angaben zufolge lief die Situation wie folgt ab: Es ist 1 Uhr morgens, als sein Mandant sowie dessen Lebensgefährtin und ihr Kind von einem mehrmaligen Klopfen gegen die Fensterscheibe des Schlafzimmers geweckt werden. Der 40-Jährige hebt die Gardine. Vor seinem Fenster stehen mehrere Vermummte. Einer von ihnen hält eine Pistole in der Hand. Der Mann versucht, seine Familie zu beruhigen, ist selbst zittrig. Er lädt seine Pistole, geht zur Haustür. Als er sie öffnet, steht er drei Vermummten gegenüber, sie kommen auf ihn zu, bedrohen ihn mit einer Pistole. Der Familienvater schießt. „Er wusste gar nicht, auf wen er geschossen hat“, so die Darstellung des Anwalts. Alles sei sehr schnell passiert.

Was mir an Hannover sauer aufstößt

Bisher sind wenige Fakten bekannt. Überwachungskamera und Zeugenvernehmungen werden mehr Fakten ans Tageslicht holen. Von daher kann ich nur mit dem arbeiten, was aktuell bekannt ist.

Zu Lasten des Hausbesitzers frage ich mich, warum er überhaupt die Tür geöffnet hatte. Warum hatte er nicht erst die Polizei gerufen und abgewartet, ob sie wirklich einbrechen? Warum glaubte er, er könne mit einer geladenen Waffe, Unberechtigte an einem Einbruch hindern, wenn er sie auf „frischer Tat“ ertappt? Das Einzige, was ich ihm zu Gute halte, ist die möglicherweise kurze Zeitspanne.

Falls zwischen den nächtlichen Geräuschen, der Türöffnung und der Schussabgabe nur Sekunden lagen, ist kaum ein Mensch in der Lage, vernünftig zu reagieren – stattdessen regiert das Angstzentrum und der Adrenalinausstoß die Aktionen. Da aber legale Waffen in Deutschland ungeladen in Tresoren verwahrt werden müssen, hätte man beim „Waffe holen und laden“ eventuell auch Zeit gehabt, die Polizei zu rufen.

Als Entlastung für den Hausbesitzer kann sein Background gelten. Laut Zeitung ist er – wie auch die „vermutlichen“ Einbrecher – osteuropäischer Herkunft. Es kann sein, dass er Dinge, die er als „Hänschen“ gelernt hatte, als Hans einfach irrational in dieser Gefahrensituation umgesetzt hat. Menschen sind so gepolt. Sobald Angst auftritt, ist die Vernunft ausgeschaltet.

Unser Gehirn ist biologisch darauf programmiert, dass die Vernunft abgeschaltet wird, sobald Angst auftaucht. Wenn wir einen Stock für eine Schlange halten, springen wir weg. Für das nackte Überleben ist es besser, zu viel Angst zu haben als umgekehrt. Denn stellt sich der von der Vernunft als Stock deklarierte Gegenstand doch als Schlange dar, könnten wir sterben.

Diese Information habe ich von diesem Clip:http://youtu.be/BiFdlE5m3vA

Zu Lasten der Staatsanwaltschaft frage ich mich, warum die beiden „mutmaßlichen Einbrecher“ als Zeugen vernommen werden und nicht gegen sie ermittelt wird. In einigen Staaten der USA würden die beide des Mordes angeklagt werden, weil der beabsichtigte Einbruch zum Tod des dritten Einbrechers geführt hat. In Deutschland müssten sie zumindest auf „unterlassene Hilfeleistung“ verklagt werden, da sie ihren verwundeten Kameraden zurückgelassen haben. Der Hausbesitzer hatte die Polizei informiert, nicht die beiden Flüchtigen. Und auch die Flucht in drei unterschiedliche Richtungen mindert nicht ihre Schuld, sofern der getötete Einbrecherkamerad in ihrem Beisein verwundet wurde.

Zur Entlastung der Staatsanwaltschaft fällt mir momentan nichts ein. Ich hoffe auch, dass die Fluchtgefahr für den Hausbesitzer, der Gewerbe, Frau und Kind in Deutschland hat, so minimal vom Haftrichter beurteilt wird, dass er bis zum Urteil auf freien Fuß gesetzt wird.

„In dubio pro reo“ lautet unser Credo, d.h. im Zweifel für den Angeklagten. So lange es keine Verdunklungs- und Fluchtgefahr gibt, dürfen Angeklagte in Deutschland nicht inhaftiert werden. Dieser Grundsatz führte letztes Jahr zu einem Aufschrei bei den polizeilichen Vertretern. Damals hatte ein Russenstämmiger, der seit 22 Jahren mit Familie in Deutschland lebt, sich einer polizeilichen Durchsuchung, wo er lediglich Zeuge war, entzogen und beim Zugriff mit seiner illegalen Waffe einen Polizisten angeschossen. Der Mann wurde – meines Erachtens zu Recht – aus der Untersuchungshaft entlassen, weil weder Verdunklungs-, noch Fluchtgefahr vorlag. Ob er anschließend wegen Totschlags und/oder illegalem Waffenbesitz verurteilt wird oder einen Freispruch erhält, ist für die U-Haft nicht von Belang.

Völlig anders verfuhr das Gericht in Baden-Württemberg kurz nach Winnenden. Eine ehemalige Sportschützin hatte in Plochingen ihren Mann mit mehreren Schüssen aus dessen legalen Waffe getötet, weil der Mann nach ihren Angaben und auch nach den Indizien der Polizei, die gemeinsamen Kinder bedroht hatte. Die Frau kam in U-Haft und verblieb dort auch. Die Kinder mussten vor Urteilsverkündung in ein Waisenhaus oder zu Verwandten.

Ich hatte damals – noch ohne Blog – „Beziehungsdramen“ recherchiert.

Familientragödie, Beziehungsdrama oder Killer-Schützin? Bestimmt das Geschlecht, die Tatwaffe und das Bundesland die Schlagzeilen?

Weiterlesen: Plochingen 2011

Damals wurde mir von „Mitstreitern“ vorgeworfen, dass ich überhaupt über Tötungen mit Schusswaffen berichtet hatte, egal ob aus illegalem oder legalem Bestand. Niemand hat jedoch bemerkt, dass wir vor Gott, der Justiz und den Medien nicht alle gleich sind. Der Frau und deren Kinder aus Plochingen wurde Unrecht angetan, weil sie ihre Tat in Baden-Württemberg kurz nach dem Amoklauf in Winnenden beging. Ohne dem Urteil, das niemals in die Schlagzeilen kam – ich habe jahrelang danach gesucht -, vorgreifen zu wollen, kam sie vor Verurteilung ohne Verdunklung- oder Fluchtgefahr in U-Haft. Ähnliches kann dem Mann aus Hannover passieren, weil der mediale Aufschrei zur Haftentlassung vorprogrammiert ist. Es gibt nur noch wenige Richter, die wie der des Bochumer Landgerichts dem Gesetz nach urteilen. Die meisten Richter beugen sich dem medialen Shitstorm und erlassen U-Haft bei medial aufgeputschten Untersuchungen.

Ich würde mich sehr freuen und bekäme wieder etwas mehr Vertrauen, wenn das zuständige Gericht die U-Haft aufhebt. D.h. nicht, dass ich den Haus/Werkstattbesitzer von aller Schuld freispreche. D.h. nur, dass in diesem Fall das – nicht gerechtfertigte – Vertrauen in die Justiz einen Pluspunkt erhielte, da die Schuld noch nicht bewiesen ist; die Zeugen i.d.R. nicht objektiv sein können, weil sie sonst selber straffällig werden und Zeugenaussagen in der Regel immer subjektiv sind, und die Auswertung der Überwachungskamera mit hoher Sicherheit unterschiedliche Interpretationen zulassen wird. Ich habe immer noch, obwohl mir viele Landesgerichtsrichter/innen häufig das Gegenteil beweisen, ein gewisses Vertrauen in die Justiz (sofern der Rechtsanwalt gut ist und die Kohle für Revisionen vorhanden ist).

17 Gedanken zu “Tödlicher Einbruchsversuch: Notwehr oder Selbstjustiz?

  1. Deutschland ist und bleibt einRuheraum für Verbrecherbanden und Terroristen; so sieht es auch die NSA und andere Dienste (daher die Überwachungs/ Spähaktionen der USA in D.). Die Politiker werden diesen Rechtszustand (aus mir unbekannten Gründen) nicht verändern, eher noch mehr nachgeben und nur Kleinstkriminelle aus statistischen Erwägungen heraus hart verfolgen.
    Die Polizei will sogar weiter Personal einsparen. Ein gutes Signal für Verbrecherbanden aus Osteuropa. Die Frage ist: Wann wird Deutschland inoffiziell zur Plünderung für unsere „Brüder und Schwestern aus Osteuropa“ frei gegeben?

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    • Zur Plünderung freigegeben?

      Ist doch längst schon so weit und es sind nicht nur die „Brüder aus dem Osten“. Wenn man sich diese Reportage ansieht, dann wundert mich nur noch wenig. Das Beispiel Berlin zeigt mehr als deutlich, wo die Probleme liegen.

      Falls das Ding demnächst aus der Mediathek fliegt, gibt es das noch bei Youtube → hier

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  2. Meiner Meinung nach lassen sich manche Richter zu sehr von der öffentlichen Meinung statt von den nackten Fakten beeinflussen. Das hat man deutlich im Fall Kachelmann gesehen. Richter sollten unabhängig sein und unabhängig urteilen. (Daß Richter bei einem der Öffentlichkeit nicht genehmen Urteil auch bedroht werden, ist wieder eine andere Geschichte).

    Wenn man sich den heutigen Gerichtsbetrieb so ansieht, dann merkt man schnell, daß es da dringend Reformen geben muß. Zu wenig Personal, zu viele Verfahren wegen lächerlichen Kleinigkeiten, umständliche, veraltete und zeitraubende Prozeduren, Beeinflussung von Außen (Öffentlichkeit, behördliche oder staatliche Weisungen) etc. Nicht selten werden Verfahren ohne Würdigung aller Fakten durchgepeitscht … Hauptsache, man hat sie vom Tisch. Dabei entstehen Verfahrensfehler, Ungerechtigkeiten und Justizirrtümer, die später, wenn sie an’s Licht kommen, erst recht peinlich sind, auch wenn das nur sehr selten ernsthafte Konsequenzen hat.

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  3. Wenn man nur einmal sieht, wie viel Leute bei Kontrollen im Bereich des G7-Gipfels gefasst wurden, und das auf bundesweite Kontrollen hoch rechnen würde, zeigt sich wie machtlos unsere Justiz und ihre Organe sind.
    Da biete sich so ein Fall doch gleich an mal zu zeigen wie toll und stark unser Staat ist.
    Jeder U-Bahnschläger wird mit Samthandschuhen angefasst, der sich wehrende Bürger ist ein Verbrecher und der unauffällige, gesetzestreu Bürger steht grundsätzlich unter Generalverdacht.
    Das Problem wird sich weiter verschärfen, denn der Staat sieht das seinen Bürgern das auffällt und er hat täglich mehr Angst.
    Vor seinen Bürgern und vor den wirklichen Verbrechern.

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  4. Wer eine Waffe legal führen darf wird sich sicher oft das Szenario ausgemalt haben was sein wird wenn man seine Waffe zieht in Anschlag bringt und dann ein mensch als Ziel nimmt. Selbst wenn die „besten“ Grundlagen vorhanden sind jetzt den Schuss abzugeben wird der „vernünftige“ Waffenbesitzer wohl unzählige Dinge durch den Kopf gehen. Manchmal ist das ganz gut so manchmal wird die Verzögerung dir und anderen das Leben kosten.

    Jetzt haben wir hier (neben anderen Beispiele) einmal wieder so ein Fall und die „liebe“ Justiz soll sich damit befassen. Hinzu kommen eine Flut an Gesetze und eine noch größere Flut an Leute die ganz genau wissen wie man Gesetze vergewaltigt. Als Krönung des ganzen haben wir eine Gesellschaft die salopp gesagt total aus den Fugen geraten ist. Was also können wir erwarten ?

    Schlicht alles.

    Dieser Fall und andere Fälle und noch vieles mehr sind schlicht der Beweis das wir auf allen Ebenen dringliche Reformen brauchen. Es bringt jetzt absolut nichts über die mögliche Schuld oder Unschuld des Schützen zu sprechen. Wir werden es schon erleben was am Ende an Urteil rauskommen wird. Wir werden unter Garantie noch eine Flut anderer Fälle erleben und je mehr wir uns durch diese Fälle ablenken lassen um so mehr geht das eigentliche Ziel aus den Augen, nämlich die besagten Reformen auf allen Gebieten.

    Die Staaten der Welt lernen aber meist nichts machen nach wie vor die schlimmsten Fehler die dann am Ende auf dem Rücken des Volkes ausgetragen werden. So hatte ich kürzlich erst ein Artikel gelesen der vom Irak Krieg und den USA sprach und das man es als eine Art Viet Nam Teil 2 sehe. Wir wissen das Viet Nam als auch der Irak Krieg auf Lügen beruhte. Mio. an Menschen haben bislang ihr Leben dafür gelassen und das salopp weil uns salopp die „Mächtigen“ so richtig verars…en. Wir lassen es aber auch zu oder ?

    Ebenso lassen wir uns in Sachen Waffen und Verteidigung usw. auch einiges gefallen. Warum beschweren wir uns überhaupt ? Sollten wir uns nicht an die eigene Nase packen und uns in unserer Trägheit gegen das Unrecht selbst sehen ? Die Macht geht doch vom Volke aus – ja wo ist denn das Volk und seine Macht ?

    Immer wieder werden die Mitglieder der Völker durch Zeiten laufen und durch viel Ungerechtigkeit. Wir könnten es abschaffen aber vll. sind wir nur zu träge, zu faul oder womöglich zu dumm und lassen uns von den absurdesten Führer in die absurdesten Dinge führen.

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  5. Erst einmal vielen Dank für den tollen ausführlichen Artikel.
    Viele Punkte über die auch ich mir so meine Gedanken mache, sind hier aufgeführt.
    Zum Beispiel eben: Wie bitte, können die beiden Mittäter nur als „Zeugen“ aussagen?
    Da sie „über Mittelsleute“ ausfindig gemacht wurden und sich ja nur selbst belasten würden, ist nicht zu erwarten hier eine auch nur ansatzweise objektive Aussage zu erhalten.
    Laut Medieninformationen (leider steht uns ja fast nichts anderes zur Verfügung) wurden beim Getöteten eindeutige Werkzeuge gefunden, welche den „Verdacht“ des Einbruchsversuch untermauern.

    Aber ich werde mich hüten vorschnell zu einen eigenen „Urteil“ zu kommen.
    Vorverurteilungen des Schützen und eine regelrechte Hexenjagd sind in den Massenmedien ja längst angelaufen. Wie auch nicht anders zu erwarten war, hat auch ein gewisser Roman Grafe sofort angefangen den Vorfall medial zu nutzen, lange bevor Fakten zu den Ablauf verfügbar sind.
    Allerdings sind mir auch sehr sehr viele Kommentare in den Massenmedien aufgefallen, welche sich „Pro Schütze“ bzw. „Pro Selbstverteidigung“ äußern.

    Zu einen Punkt möchte ich mich aber noch äußern:
    Zitat: >>>Da aber legale Waffen in Deutschland ungeladen in Tresoren verwahrt werden müssen, hätte man beim “Waffe holen und laden” eventuell auch Zeit gehabt, die Polizei zu rufen.<<<
    Leider kann ich aus persönlicher Erfahrung nur sagen das dies eben nicht so einfach ist wie man dies erwarten würde. Wenn beim Absetzen des Notruf erst nach 190 Sekunden überhaupt abgehoben wird oder aber selbst nach mehr als 5 Minuten gar niemand den Notruf entgegennimmt, schwindet jedes Vertrauen in den "Notruf". Es handelt sich hier übrigens um zwei komplett voneinander unabhängige Vorfälle.
    Und auch bei völlig korrekter und legaler Aufbewahrung der Waffe und Munition ist es ggf. möglich diese innerhalb von 60 – 90 Sekunden "einsatzbereit" zu bekommen. Ob dies natürlich in einer extremen Stress- und Angstsituation immer noch möglich ist, kann ich nicht beurteilen. Persönlich habe ich da meine Zweifel, aber möglich wäre es.

    Abschließend möchte ich nur noch sagen: Wer sich z.b. die Polizeiliche Kriminalstatistik (PKS) 2014 durchgelesen hat wundert sich über solche Vorfälle nicht mehr.

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  6. Guten Tag,

    vielen Dank für diesen differenzierten Artikel. Ich stimme uneingeschränkt zu: Wir benötigen klarere Reglungen, wann Notwehr vorliegt und die Risikoverteilung muss eindeutiger zu Lasten derjenigen gehen, gegen die Notwehr geübt wird.

    Lediglich zu Plochingen noch ein Nachtrag::
    Die Frau wurde wegen Mordes zu lebenlänglicher Haft verurteilt:

    http://www.landgericht-stuttgart.de/pb/,Lde/1195968/?LISTPAGE=1195716

    Viele Grüße

    Volker

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    • Danke Volker für das Lob und Update.

      Mord impliziert Heimtücke. Wäre die Frau körperlich ihrem Mann überlegen gewesen, hätte sie nicht die Waffe aus dem Safe geholt, sondern mit der Faust zugeschlagen oder das Messer aus dem Küchenblock gezogen. Dann wäre es Totschlag gewesen und nicht mit lebenslanger Haft bestraft worden.

      Sogar wenn Männer, wie der Boxer Bubi Scholz, mit einer illegal besessenen Waffe ihre Freundin durch die Badzimmertür erschießen, wird Affekt und keine Heimtücke unterstellt. Der wurde auf vier Jahre verurteilt und war nach zweieinhalb Jahren wieder auf freiem Fuß. Wogegen die Schauspielerin Ingrid van Bergen, die mit 2,5 Promille mit ihrem Freund im Wohnzimmer gekämpft hatte, der zuvor seine legale Waffe geholt hatte und in diesem Kampf tödlich getroffen wurde, erst nach sieben Jahren wieder auf freiem Fuß war und eine ähnlich hohe Strafe bekam. Ich nehme bei Ingrid van Bergen Notwehr/Unfall und aufgrund des Alkoholpegels Schuldunfähigkeit an, die Richter jedoch nicht.

      Frauen müssen für Mord viel öfter und viel länger in den Knast als Männer, weil sie im Affekt ihren Körper nicht als Waffe benutzen können. Stattdessen ermorden sie ihre Quäler, wenn diese schlafen oder per Gift oder holen sich Helfershelfer. Und in einem „sauberen Ländle“ wie Baden-Württemberg verlassen gequälte Frauen nicht einfach ihren Mann und ziehen mit Kindern in ein Frauenhaus. Die bringen ein Schild vor der Haustür an, wo d’rauf steht: „Hier wohnt eine glückliche Familie.“

      Ich bin immer noch nicht der Meinung, dass die Frau heimtückisch gemordet hat, sondern dass dies ein echtes Beziehungsdrama ist mit einer gewalttätigen Vorgeschichte, die nicht von der Frau ausging. Der Mann hatte weiter seinen Sport betrieben. Die Frau blieb der Kinder wegen zu Hause und hatte mit Sportschießen aufgehört – eventuell auch mit allen anderen sozialen Aktivitäten, die nichts mit Kindern zu tun hatten. Und dann fing plötzlich der Hausherr an, die Erziehung der Kinder an sich zu reißen? Und die Kinder sind als Zeugen nicht zu gebrauchen. Schließlich hatte das eine Elternteil das andere Elternteil getötet. Wem sollen die jetzt vertrauen?

      Dumm nur, dass der Vater die Kinder bedroht hat und nicht der Frau an die Gurgel gegangen ist und dabei Spuren hinterlassen hat. Nothilfe ist noch schwerer vom Ausführenden zu belegen als Notwehr. Anfangs wurde der Aussage der Frau, der Mann hätte das zweitjüngste Kind brutal gegen die Balkontür gedrückt und gedroht, es aus dem Haus zu schmeißen, noch dahingehend geglaubt, weil zu dieser Aussage Indizien an der Balkontür gefunden wurden. Davon liest man nichts in der Pressemitteilung.

      Für mich hat diese Geschichte in Plochingen immer noch ein „Geschmäckle“. Dies wird auch dadurch intensiviert, dass es zum Urteil nur eine kurze Pressemitteilung gibt, aber nirgendwo online das Urteil im Volltext.

      Und sehr schade, dass wir keine echte Waffenlobby mit Geld und Menpower haben, die die Verteidigung der Frau hätte übernehmen können. Im Ende erweist sich das Urteil negativ für den Waffenbesitz: die Frau ist die Täterin, ohne Waffe kein Mord. Es könnte auch anders gewesen sein: die Frau und die Kinder sind das Opfer, welche wegen Zugangs zur Waffe noch am Leben sind.

      Ohne weiteres Detailwissen kann ich nichts Definitives sagen, aber der Zweifel bleibt!

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      • Hallo Katja,
        Du (ich sage jetzt mal einfach Du) sprichst hier eine interessante Frage an, die ich als Mann einfach ausgeblendet hatte. Das Thema dieser Diskussion, die faktische Diskriminierung der Frau, ist augenscheinlich jatzt auch Gegenstand der rechtspolitischen Debatte (http://www.faz.net/aktuell/politik/inland/debatte-ueber-deutsches-strafrecht-wann-ist-ein-mord-ein-mord-13670031.html).
        Mal sehen, wie sich das entwickelt; als bloßer Füller für das Sommerloch ist das Thema zu wichtig. Es geht um Menschen.

        Viele Grüße

        Volker

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      • Sehr guter Artikel in der FAZ. Das Problem, welches HELENE BUBROWSKI dort beschreibt – die körperliche Unterlegenheit von Frauen (und körperlich Behinderten und gebrechlichen Menschen) muss strafmildernd werden und darf nicht mehr als „Heimtücke“ gewertet werden.

        Noch besser wäre es, wenn die körperlich Unterlegenen Hilfsmittel zur Verteidigung bekämen. Das einzig erlaubte Pfefferspray hilft da nicht. Taser, Gummischrot oder Schusswaffe wären hilfreicher.

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  7. Hallo,

    vielen Dank für den interessanten Artikel. Ich stimme zu: Wir benötigen eindeutige und klarere Reglungen, wann Notwehr vorliegt und wann nicht. Es geht hier schließlich um das Leben von Menschen. Eine andere Sache ist, dass entsprechende Menschen auch mit ihren Waffen vernünftig umgehen müssen. Lernen kann man das ganze auch bei dem Gebrauch von Luftgewehren mit Pressluftkartuschen bzw. Druckluftkartuschen.

    Mit freundlichem Gruß,
    Dominik

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  8. Urteil: Drei Jahre Haft wegen Totschlag. Habe die Urteilsbegründung gelesen, ich war bei dem Vorfall selbstredend auch nicht Zeuge, mich ärgert es aber, wenn man bei einem 18-jährigen Täter von einem Kind oder einem Jungen spricht, und auch ich glaube nicht, dass hier bei diesem Werkstatteinbruch nach Essen gesucht wurde, sondern wohl eher nach teuren Werkzeugen, Bargeld oder Fahrzeugschlüsseln/Papieren. Wenn der Inhaber der Werkstatt angibt, eine Schusswaffe (welche unter diesen Umständen/Tathergang unzweifelhaft ILLEGAL gewesen sein MUSS!) bei den Tätern gesehen zu haben, und er daraufhin von seiner legalen Waffe gebrauch macht, weil er mit der Waffe der Einbrecher ggfs. bedroht wurde (hierfür genügt es, wenn die Mündung nur in seine Richtung bewegt wird!), so sehe ich darin eine klare Notwehr! Laut Urteilsbegründung traf die Kugel in den Rücken, Schussdistanz weniger als 3 Meter, also wahrscheinlich entsprechende Schmauchspuren, und dann wird es schwierig mit der Notwehr; denn auf einen flüchtenden Täter zu schießen ist wohl kaum durch Notwehr gedeckt, da der gegenwärtige, rechtswidrige Angriff durch die Flucht der Täter mutmasslich endet. Unklar bleibt, ob auf den Videoaufzeichnungen eine Waffe erkennbar war, denn natürlich kann nicht erwartet werden, daß die überlebenden Mittäter die Verwendung einer Waffe einräumen, da sie sich dadurch selber nur noch tiefer hereinreiten würden (bewaffneter Einbruch oder evtl. sogar bewaffneter Raubüberfall!), jeweils mit deutlich höheren Strafen bedroht! Ferner ärgert mich die weitere Ausführung, dass ohne die Lagerung der Waffen im Privathaushalt dieser Vorfall so überhaupt nicht hätte stattfinden können; denn dies ist blanker Hohn, und genauso als würde man einem Autofahrer sagen: Wärest Du nicht gefahren, so hätte auch nichts passieren können! Denn der Besitz und somit das Ausüben der tatsächlichen Gewalt, also auch die vorschriftsmässige Aufbewahrung der Waffen im privaten Haushalt, waren im hier vorliegenden Fall durch die ausgestellten WBK’s AUSDRÜCKLICH GENEHMIGT und haben mit dem Geschehen NICHTS zu tun! Ich neige dazu, einem bis zu diesem Vorfall völlig unbescholtenem Bürger, erfolgreicher Unternehmer, zu GLAUBEN, im Gegensatz dazu sind die Einbruchtäter als geständige Straftäter ungemein weniger glaubwürdig, und vllt. lag der Fluchtgrund auch eben gerade in der Existenz einer Waffe, was dadurch erst verdunkelt werden sollte, und vllt. wurde auch deshalb dem angeschossenen Komplizen keine Hilfe geleistet! Was nun bei der Revision vor dem BGH herauskommt, bleibt abzuwarten. Ich hoffe zumindest, dass die Haftstrafe zur Bewährung ausgesetzt wird.

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